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Weideparasitenmanagement - Webbasierte Entscheidungsbäume: Vorausschauende Planung des Weidemanagements bei Wiederkäuern zur Verminderung der Belastung mit Magen-Darm-Würmern und zur Reduktion des Tierarzneimitteleinsatzes

Projekt


Förderkennzeichen: 2813MDT020
Laufzeit: 01.01.2014 - 31.03.2018
Fördersumme: 346.291 Euro
Forschungszweck: Demonstrationsvorhaben

Der Weidegang ist die Haltungsform, die allen Wiederkäuern am ehesten gerecht wird. Als Hinderungsgrund für die Gewährung von Weidegang wird in der Praxis häufig die Parasitengefahr genannt. Ziel des beantragten Projektes ist es, die in einem FuE-Projekt im Jahr 2012 veröffentlichten innovativen webbasierten Entscheidungsbäume für die vorausschauende Weideplanung zur Vorbeugung und Bekämpfung von Magen-Darm-Würmern nutztierartenübergreifend bei Wiederkäuern sowohl in der landwirtschaftlichen Praxis als auch in Beratungsorganisationen zu etablieren. Damit soll die schnelle horizontale Verbreitung des Know-How der Parasitenkontrolle sowie die Entwicklung nachhaltiger betriebsspezifischer Strategien für eine geringere Belastung mit Magen-Darm-Würmern und somit eine Verminderung der parasitär bedingten Erkrankungen und Leistungseinbußen sowie die Reduktion des Anthelminthikaeinsatzes unterstützt werden. Durch die Einbeziehung der Beratungsorganisationen in das beantragte Modell- und Demonstrationsvorhaben soll sichergestellt werden, dass die kostenlos im Internet nutzbaren Entscheidungsbäume auch über die Projektlaufzeit hinaus bundesweit Anwendung in der Praxis finden. Diese webbasierten Entscheidungsbäume befähigen den Nutzer, über spezifische Maßnahmen des Weidemanagements einem Befall der Weidetiere mit Endoparasiten vorzubeugen: Sie geben Tierhaltern Hilfestellung sowohl bei der Auswahl prophylaktischer Maßnahmen als auch beim Erkennen des richtigen Zeitpunktes, an dem eine Bekämpfung von Magen-Darm-Würmern durchgeführt werden sollte. Damit wird zum einen das Tierwohl sichergestellt und zum anderen gleichzeitig effizient in den Entwicklungszyklus des Parasiten eingegriffen. Im Rahmen des beantragten Projektes sollen die Online-Entscheidungsbäume: - zur Förderung des Weidegangs bei Wiederkäuern, - zur Unterstützung der Tiergesundheit von Weidetieren, - zur nachhaltigen Verminderung des Anthelminthikaeinsatzes und - zur Verminderung von Resistenzbildungen (bei zu häufigem Wirkstoffeinsatz). modellhaft in die Praxis der Milchvieh-, Mutterkuh-, Ziegen- und Schafhaltung in Deutschland durch ein Konsortium aus sechs Beratungsorganisationen (Landwirtschaftskammern Schleswig-Holstein und Niedersachen, Tierseuchenkassen Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sowie Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen und Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft) und dem Thünen-Institut für Ökologischen Landbau auf bundesweit 80 Betrieben eingeführt werden. Die Kontaktaufnahme zu potenziellen Projektteilnehmern wird über die enge Zusammenarbeit mit den Beratungsorganisationen in den sechs Modellregionen sichergestellt. Nach der Betriebsakquise erfolgen regionale Schulungen aller beteiligten Tierhalter und Berater zur Nutzung der Online-Entscheidungsbäume sowie zum Probenahmeschema der Sammelkotproben für das einzelbetriebliche Monitoring, das die Grundlage für die Nutzung der Entscheidungsbäume darstellt. Daneben zielt das Projekt auf eine qualitative Weiterentwicklung der verfügbaren Diagnostik von Kotproben ab. Daher werden in diesen Veranstaltungen bzw. in deren Anschluss gezielt die regionalen Labore angesprochen, um für eine Harmonisierung der Diagnose-Verfahren der regionalen Labordienstleister zur Eizählung und die Einführung des McMaster-Verfahrens (als derzeit beste praxisverfügbare quantitative Technik) zu werben. Die Darstellung der individuellen Ausgangssituation der 80 Projektbetriebe sowie die Entwicklung der Belastung der Weidetiere mit Magen-Darm-Strongyliden im Projektzeitraum erfolgt über die einzelbetriebliche Dokumentation der Behandlungen mit Anthelminthika und des bisherigen Weidemanagements sowie die Untersuchung von Sammel-Kotproben erstsömmriger Jungtiere an zwei Zeitpunkten der Weidesaison. Diese Bestimmung des Herden Ei Index im Kot �EPG� (Eizahl pro Gramm Frischkot) wird im Labor des Thünen-Instituts in Trenthorst durchgeführt. Parallel bzw. betriebsindividuell werden Proben zu den jeweiligen regionalen Laboren geschickt. Über die Höhe der Eiausscheidung wird - mit der gebotenen Vorsicht - auf die Kontamination der Weiden mit infektiösen Larven der Magen-Darm-Strongyliden geschlossen. In der Weidesaison werden die webbasierten Entscheidungsbäume zur Parasitenkontrolle durch die beteiligten Landwirte angewendet, unterstützt durch die darauf vorbereitete Beratung. Eine fortlaufende Evaluation dieser Aspekte der Tiergesundheit in den Praxisbetrieben zur Effektivitätskontrolle des untersuchten Tools erfolgt ebenso im Projekt wie eine begleitende Akzeptanz- und Umsetzungsstudie zur Erfassung der Beurteilung der webbasierten Entscheidungsbäume durch die Nutzer, d.h. Landwirte und Berater. Die Umsetzung und breite Praxiseinführung der bereits vorhandenen Empfehlungen zum Parasitenmanagement bei Weidetieren wird forschungsseitig begleitet, um eine unmittelbare Teilhabe der Praxis an den wissenschaftlich begründeten Erkenntnissen, auf denen die Entscheidungsbäume beruhen, zu ermöglichen und um auf diese Weise das Parasitenmanagement in der landbaulichen Praxis in Deutschland im Sinne einer tiergerechten, weidebasierten Tierhaltung qualitativ weiterzuentwickeln. Konkrete Ziele des Projekts sind: a) Durchführung einer Schulung der am Projekt beteiligten Tierhalter sowie der beteiligten Beratungsorganisationen durch das Thünen-Institut für ökologischen Landbau. b) Durchführung von Informationsveranstaltungen für regionale Labordienstleister, um für eine Harmonisierung der Diagnose-Verfahren der Eizählung und die Einführung des McMaster-Verfahrens (als derzeit beste praxisverfügbare quantitative Technik) zu werben. c) Anwendung der online-gestützten Entscheidungsbäume zur Kontrolle der Magen-Darm-Strongyliden (MDS) durch die Tierhalter (Unterstützung durch die im Projekt eingebundenen Beratungsorganisationen) mit dem Ziel der Optimierung des einzelbetrieblichen Weide- und Behandlungsmanagement: Verbesserung der Tiergesundheit sowie Reduktion des Einsatzes von Anthelminthika in bundesweit insgesamt 80 Praxisbetrieben. d) Wissenschaftliche Prozessbegleitung und Untersuchung der Umsetzbarkeit sowie der Akzeptanz der webbasierten Entscheidungsbäume bei allen beteiligten Akteuren durch das Thünen-Institut für ökologischen Landbau. e) Evaluierung und Effektivitätsanalyse des Online-Tools „Entscheidungsbaum Weideparasiten“: - Akzeptanzanalyse des Tools durch die teilnehmenden Landwirte. - Effektivitätskontrolle hinsichtlich der Entwicklung der parasitären Belastung sowie des Anthelminthikaeinsatzes. - Auswertung des einzelbetrieblichen Umsetzungsgrades der mit Hilfe der Entscheidungsbäume erarbeiteten strategischen Maßnahmen zur Optimierung des Weide- und Parasitenmanagements. - Evaluation der Erfahrung der geschulten Berater mit dem Online-Tool im Beratungsalltag. - Ableitung eines Konzeptes für die Steigerung der Nutzerfreundlichkeit des Online-Tools auf Basis der Ergebnisse der Akzeptanzanalyse.

Als Hinderungsgrund für die Weidehaltung von Wiederkäuern wird in der Praxis häufig die Parasitenbelastung genannt. Wenn die Tiere Weidegang erhalten, werden sie oftmals routinemäßig und ohne vorangegangene Kotprobenuntersuchung entwurmt, um so der Gefahr der Ansteckung mit Weideparasiten vorzubeugen. Um ein präventiv orientiertes Weideparasiten­management zu ermöglichen, wurden im Jahr 2007 von der Universität Utrecht und im Jahr 2012 vom Thünen-Institut webbasierte Entscheidungsbäume veröffentlicht, die eine vorausschauende Weideplanung zur Vorbeugung und Bekämpfung von Magen-Darm-Würmern vermitteln. Ziel des Projekts war es, dieses Online-Tool bei Wiederkäuern in der landwirtschaftlichen Praxis zu etablieren. Die Entscheidungsbäume wurden in 79 Betrieben mit Mutterkuh-, Milchvieh-, Schaf- oder Ziegenhaltung eingeführt und durch Berater über zwei Projektjahre begleitet. Im dritten Projektjahr wendeten die Projektbetriebe die Entscheidungsbäume selbstständig ohne explizite Beratung an. Die Anwendung der Entscheidungsbäume stellte für die meisten Betrieben kein Problem dar. Die Fragen zum Weidemanagement waren verständlich formuliert und die Empfehlungen nachvoll­ziehbar. Durch das Projekt fand auf den Betrieben eine intensive Beschäftigung mit dem Thema statt. Viele erkannten die Notwendigkeit, Kotprobenanalysen durchzuführen und/ oder das Weidemanagement umzustellen. Die Umsetzung der Empfehlungen der Entscheidungsbäume war in den Jahren mit Beratung auf den Betrieben deutlich besser als ohne Beratung. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Kotprobenahme wurde diese im Projektzeitraum vor allem in den Schaf- und Ziegenbetrieben erfolgreich durchgeführt. Die Entwurmungen erfolgten jedoch häufig noch routinemäßig und nicht immer nach Befund. Hier muss weiterhin – vor allem im Rinderbereich – eine verstärkte Aufklärung der Betriebsleiter seitens der Berater und Tierärzte im Hinblick auf Gefahren von Resistenzentwicklungen und Umweltbelastungen erfolgen.

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