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Biozidtoleranzen und Antibiotikakreuzresistenzen in humanpathogenen Bakterien

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: BfR-BIOS-08-1322-674
Laufzeit: 01.01.2017 - 31.12.2017
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Die EU Verordnung (EU) Nr. 528/2012 dient der europaweiten Zulassung von Biozidprodukten. Biozidprodukte sind dazu bestimmt, Schadorganismen abzutöten, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen. Allein in Deutschland existieren mehr als 30.000 Biozidprodukte, die zur Bekämpfung von Schädlingen wie Insekten, Ratten aber auch Pilzen und Bakterien genutzt werden. Biozide, speziell Mikrobizide, finden zunehmend Verwendung, z. B. in Produktionsumgebungen, Verbrauchsgütern und Lebensmitteln, um die Haltbarkeit von Produkten zu verlängern und bakterielle Infektionen zu vermeiden. Leider gibt es keine umfassenden Verkaufs- bzw. Verbrauchsdaten von biozidbehandelten Produkten. Der COWI Report von 2009, welcher durch die EU Kommission in Auftrag gegeben wurde, schätzt das damalige jährliche Produktions-/Import-Volumen aktiver biozider Substanzen in Europa auf 400.000 Tonnen. Gemäß den Angaben des COWI Reports zählen Desinfektionsmittel wie Natriumhypochlorit, Chlor und Wasserstoffperoxid zu den Substanzen mit den höchsten Produktionsvolumina. Mit 162.000 Tonnen stellt der Produkttyp 2 (Desinfektionsmittel und Algenbekämpfungsmittel, die nicht für eine direkte Anwendung bei Menschen und Tieren bestimmt sind) die größte Gruppe dar. Vor allem durch die nicht sachgerechte Anwendung von Mikrobiziden in vielen Bereichen, dem Verbleib von Mikrobizidresten auf Oberflächen sowie Verdünnungseffekte in der Umwelt kommen Mikroorganismen in verschiedenen Habitaten über längere Zeiträume mit subletalen Mikrobizidkonzentrationen in Kontakt. Dies kann zu einem ungewollten Selektionsdruck in bakteriellen Lebensgemeinschaften führen, welcher zur Verbreitung angepasster, toleranter Stämme beitragen kann. Phänotypische und genotypische Veränderungen, die neben der Resistenz auch Eigenschaften wie Virulenz, Persistenz oder Biofilmbildungspotenzial betreffen, können durch adaptive Prozesse hervorgerufen werden. Des Weiteren können Mikrobizide Mutationsraten und Austauschraten mobiler genetischer Elemente zwischen Bakterienpopulationen beeinflussen. Dadurch könnten Mikrobizide zur Ko-Selektion von Antibiotikaresistenz- und Virulenzgenen beitragen. Einige Untersuchungen wurden durchgeführt, um bewerten zu können, ob Mikrobizide zur bakteriellen Toleranz bzw. Resistenz führen. Die Ergebnisse sind jedoch kontrovers und die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit schwer abschätzbar. Substanzen wie quaternäre Ammoniumverbindungen (QAVs), Phenole, und Aldehyde sind weit verbreitet. Um mögliche Spätfolgen von Bioziden besser zu verstehen, müssen ihre Wirkungsweise bzw. Resistenzeigenschaften von Mikroorganismen näher charakterisiert werden. Multifaktorielle Mechanismen und die Auswirkungen auf mikrobielle Gemeinschaften sind noch weitgehend unverstanden. Des Weiteren fehlt es an standardisierten und harmonisierten Methoden, um die Entwicklung bakterieller Biozidtoleranzen zu untersuchen und beurteilen zu können. Die Entstehung antimikrobieller Resistenzen gegenüber Bioziden wird meist in vitro untersucht, aber Daten in verschiedenen Umgebungen fehlen und die Folgen einer Langzeitnutzung von Bioziden sind nicht hinreichend erforscht. Zuletzt wurden potenzielle Risikofaktoren von Bioziden, Wirkmechanismen und wissenschaftliche Kenntnislücken im Jahr 2009/2010 durch das Scientific Committee on Emerging and Newly Identified Health Risks (SCENIHR) der Europäischen Kommission für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zusammengefasst.

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