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Modellhafte Durchführung indikatorengestützter 'Stable Schools' als Managementtool zur Verbesserung der Tiergesundheit in der ökologischen Milchviehhaltung

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: TI-OL-08-PID1538
Laufzeit: 01.10.2010 - 30.09.2013
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Auch in der ökologischen Milchviehhaltung spielen Eutererkrankungen und Stoffwechselstörungen eine große Rolle: Es sind typische Produktionskrankheiten. In einer Pilotstudie haben wir untersucht, inwiefern Stable Schools als innovatives Konzept geeignet sind, die Gesundheitssituation in den beteiligten Milchviehbetrieben durch Beratung untereinander zu verbessern. Stable Schools basieren auf dem Voneinander-Lernen: Probleme im eigenen Betrieb werden vom Milchviehhalter mit anderen Landwirten diskutiert und gelöst. Die Prävention von Gesundheitsstörungen ist in der ökologischen Tierhaltung besonders wichtig, denn auch hier erkranken Milchkühe und Eutererkrankungen oder Stoffwechselstörungen sind als typische Produktionskrankheit nicht selten. Die Wissenschaft weiß einiges über deren Entstehung und Risikofaktoren - im Alltag der milchviehhaltenden Betriebe wird dieses Wissen jedoch nicht immer berücksichtigt. Es fehlt an der konsequenten Umsetzung vorbeugender Managementkonzepte sowie deren Adaption an betriebsspezifische Situationen. Wir haben in einer vom Bundesprogramm Ökologischer Landbau geförderten Pilotstudie die Einführung von Stable Schools in 19 ökologisch wirtschaftenden Milchviehbetrieben wissenschaftlich begleitet. Im Fokus dieser Untersuchungen stand die Effektivitätsanalyse, d. h. inwiefern sich die Tiergesundheit in den teilnehmenden Betrieben im Projektzeitraum tatsächlich verbesserte. Des Weiteren haben wir evaluiert, in welchem Maße die in den Gruppentreffen erarbeiteten Maßnahmen in den Betrieben tatsächlich umgesetzt wurden. Abschließend stand die Akzeptanz der Beteiligten gegenüber dem Konzept im Mittelpunkt: Wie beurteilen die Landwirte die Stable Schools? Waren sie zielführend? Empfanden sie die Ratschläge der Berufskollegen als praktikabel? Waren die Gruppentreffen durch die Unterstützung der andern Gruppenmitglieder motivierend? Das Beratungskonzept - Was sind ‚Stable Schools‘? Das Prinzip: Milchviehhalter diskutieren und lösen Probleme im eigenen Betrieb gemeinsam mit anderen Landwirten. So nutzen alle das bereits vorhandene Fachwissen im Tiergesundheitsmanagement effizient. Unter Berücksichtigung extern erfasster Indikatoren für Tiergesundheit erarbeiten sie praxisnahe und alltagstaugliche Lösungen für den Einzelbetrieb. Stable Schools folgen einem partizipatorischen Ansatz und ermöglichen es Landwirten, ihre Produktionssysteme gemeinsam weiterzuentwickeln, jeweils angepasst an individuelle Bedürfnisse. Zentrale Bedeutung haben hier das ’Voneinander-Lernen’ als soziales Phänomen bzw. der Prozess und die Interaktion zwischen den Lernenden und dem Lernumfeld. In einer Stable School kommt eine Gruppe von vier bis sechs Milchviehhaltern regelmäßig zusammen und tauscht Erfahrungen aus. Anders als bei normalen Arbeitskreisen gibt es feste Kommunikationsregeln sowie einen externen Moderator, der die Diskussion lösungsorientiert leitet und alle erarbeiteten Ergebnisse protokolliert. Die Gruppentreffen Innerhalb eines Jahres findet in jedem Betrieb einer Stable School-Gruppe ein Treffen statt; der Gastgeber definiert die Tagesordnung und legt fest, welche Themen behandelt werden sollten. Ein Berater (bzw. hier der Projektmitarbeiter) übernimmt die Organisation der Treffen, führt Protokoll und achtet als „Facilitator“ auf die Einhaltung bestimmter Diskussionsregeln, ohne selbst fachlichen Input zu geben. Die konsequente Moderation ist entscheidend für den Erfolg einer Stable School: Sie sorgt dafür, dass jede/r mit ihren/ seinen Vorschlägen gehört wird und das Gespräch lösungsorientiert verläuft. Jedes Treffen beginnt nach der Begrüßung durch den Gastgeber mit einer ausführlichen Betriebsbesichtigung. Mit diesem Wissen arbeiten die Teilnehmer anschließend die Stärken und Schwächen des Betriebes heraus. Sie suchen nach Ursachen für angesprochene Probleme und entwickeln praxisnahe Lösungsansätze. Zum Abschluss werden jene konkreten Vorschläge im Protokoll festgehalten, die der Gastgeber aufgreifen und umsetzen möchte. Die Pilotstudie Im Rahmen der 36-monatigen Pilotstudie konnten wir 19 ökologisch wirtschaftende Milchviehbetriebe in vier Bundesländern für die Teilnahme an einer Stable School gewinnen. Das Konzept der Stable Schools haben wir dahingehend modifiziert, dass wir den Teilnehmern Informationen über den Gesundheitsstatus der Herden in den beteiligten Betrieben zur Verfügung stellten. Dazu besuchten die Projektmitarbeiter alle Betriebe zu Projektbeginn und erfassten Basisinformationen zur Herdengesundheit. Zur Vorbereitung der Stable School-Treffen meldeten wir sie an die Betriebe zurück. Sie enthielten Auswertungen der monatlichen Milchleistungsprüfung und der Stallbücher sowie Informationen zu tierbezogenen Parametern, die in den Herden erhoben wurden (zum Beispiel zu Körperkondition, Lahmheiten, Sauberkeit und Verletzungen der Kühe). Diese Datenerhebung wurde im Sinne einer Effektivitätskontrolle sowohl nach Abschluss der ersten Stable School-Runde im November 2011 als auch nach der zweiten Stable School-Runde Ende des Winterhalbjahres 2012/ 13 wiederholt (alle tierbezogenen Daten) bzw. aktualisiert (managementbezogene Informationen). Insgesamt fanden zwei Stable School-Runden statt, mit jeweils einem Gruppentreffen auf jedem Betrieb innerhalb eines Jahres: Der Gastgeber definierte die Tagesordnung und legte fest, welche Themen behandelt werden sollten. Der Projektmitarbeiter übernahm die Organisation der Treffen, führte Protokoll und achtete als „Facilitator“ auf die Einhaltung bestimmter Diskussionsregeln, ohne selbst fachlichen Input zu geben. Ein Treffen bestand aus Hofrundgang und anschließender Diskussion zu ein oder zwei vom Gastbetrieb zuvor formulierten „Problembereichen“. Zum Abschluss legte sich der Gastgeber auf jene konkreten Vorschläge für Veränderungsmaßnahmen der anderen Gruppenmitglieder fest, die er in nächster Zeit aufgreifen und umsetzen wollte, um die betrieblichen Situation zu verbessern. Hauptanliegen der Auswertungen im Rahmen der Pilotstudie war - neben Untersuchungen zur Machbarkeit und Akzeptanz des Konzeptes in der praktischen Milchviehhaltung – zu kontrollieren, wie effektiv die in den Stable School-Treffen erarbeiteten und von den Projekt­betrieben umgesetzten Handlungsempfehlungen sind. Es erfolgten daher drei Auswertungen: - Eine deskriptive Auswertung der Inhalte der in den Stable School-Treffen erarbeiteten und von den Projektbetrieben umgesetzten Handlungsempfehlungen (fokussierte Tiergesund­heitsbereiche, häufigste Handlungsempfehlungen) sowie des Standes der Umsetzung dieser Optimierungsmaßnahmen in den einzelnen Betrieben, - die Evaluierung der Effekte umgesetzter Handlungsempfehlungen auf Basis ausgewählter Indikatoren der Tiergesundheit (zum Beispiel wie sich die Behandlungs­inzidenzen entwickelten, der Gehalt an somatischen Zellen auf Herdenebene laut monatlicher Milchleistungsprüfungen) sowie - eine deskriptive Auswertung der Interviews, in denen die Betriebs­leiterInnen der Projektbetriebe die gewählte Vorgehensweise bzw. die (weiter-)entwickelten Instrumente bewerteten. In die Evaluierung der Effekte für die Tiergesundheit in den Projektbetrieben gingen alle tierbezogenen Indikatoren auf Betriebs- bzw. Herdenebene ein. Alle Angaben zum Einzeltier haben wir vor der weiteren Analyse in Inzidenzen bzw. Prävalenzen auf Herdenebene umgerechnet. Danach erfolgte die statistische Analyse mittels gemischter Modelle mit Messwiederholung.

Insgesamt wurden 123 Optimierungsmaßnahmen erarbeitet; die wichtigsten Bereiche waren Stoffwechsel- und Eutergesundheit. Die Umsetzungsrate war hoch und vergleichbar mit Studien, die Individualberatungen untersuchten: Mehr als zwei Drittel aller Maßnahmen wurden ganz oder teilweise umgesetzt. Die Projektteilnehmer schätzten den selbstbestimmten Ansatz als besonders motivierend und bewerteten das gemeinsame Erarbeiten praxisnaher sowie betriebsindividueller Handlungsempfehlungen positiv. Über alle Betriebe gesehen stieg im Projektzeitraum die mittlere Herdengröße signifikant an, während Milchleistung und Herdenalter nahezu unverändert blieben. Zudem verbesserte sich die Sauberkeit der Kühe signifikant; für andere Indikatoren ließ sich keine verbesserte Tiergesundheit absichern. In neun Betrieben, die Handlungsempfehlungen im Bereich der Eutergesundheit umsetzten, ging der Gehalt somatischer Zellen in der Milch bei unverändertem Einsatz allopathischer Tierarzneimittel signifikant zurück, wohingegen der Anteil Kühe mit Verdacht auf Energiemangel in der Frühlaktation signifikant abnahm. Gleichzeitig stiegen der Anteil eutergesunder Kühe (Milchzellgehalt ≤ 100.000) sowie die Milchleistung signifikant an. Stable Schools sind ein vielversprechendes Beratungs-/ Management- Tool zur Verbesserung der Herdengesundheit, das von den dazu befragten Projektbeteiligten als wertvoll und nützlich angesehen wurde. Es trägt zu einer Bereicherung und Diversifizierung der Beratungslandschaft bei und sorgt dafür, dass verschiedene Nutzertypen angesprochen und erreicht werden können.

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