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Optimierung der Parasitenbekämpfung bei Weidehaltung von Rindern

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: TI-OL-08-PID1599
Laufzeit: 01.01.2010 - 31.12.2012
Forschungszweck: Experimentelle Forschung

Infektionen mit Magen-Darm-Strongyliden (MDS) gefährden die Weidehaltung von Rindern. Bisher wurde dagegen strategisch entwurmt. Dies ist nicht nachhaltig und fördert Resistenzen der Würmer gegen Anthelminthika. Wir erproben alternative Verfahren. Weidegang ist für Wiederkäuer das beste Haltungssystem. Aber die Tiere nehmen mit dem frischen Grünfutter auch infektiöse Stadien der Magen-Darm-Parasiten auf. Jungrinder in ihrer ersten Weidesaison sind besonders empfänglich, da sich ihre körpereigene Immunantwort gegen Endoparasiten erst ab dem 3. - 6. Lebensmonat aufbauen kann. Der Landwirt muss vorsorglich verhindern, dass parasitäre Erkrankungen auftreten und gleichzeitig müssen die Tiere Kontakt zu MDS erhalten, um das körpereigene Abwehrgeschehen zu stimulieren. Diese beiden Ziele zu koordinieren, erfordert eine sorgfältige Planung. Um die Umwelt zu schützen, soll möglichst sparsam – nur die richtigen Tiere behandeln und genau dosieren – und auch zeitlich restriktiv – nur zum richtigen Zeitpunkt – entwurmt werden. Das verzögert außerdem die Ausbreitung von anthelminthikaresistenten Wurmpopulationen. In der weltweiten Schaf- und Ziegenhaltung ist Anthelminthikaresistenz bereits zu einem existenziellen Problem geworden. Die häufige Herdenbehandlung sollte also durch Alternativen ersetzt werden. Ein Ansatz hierfür ist das 'Targeted Selective Treatment' (TST), wobei gezielt ein Einzeltier entwurmt wird. Eine andere Alternative ist das 'Targeted Treatment' (TT): Nur bei Bedarf wird eine Gruppenbehandlung durchgeführt. Eine wichtige Voraussetzung für TST und TT ist, behandlungswürdige Tiere sicher zu identifizieren. Es müssen Entscheidungskriterien und deren Parameter gefunden werden, die zugleich sensitiv, kostengünstig und einfach in der Anwendung sind. Ziel unserer Studie war es, Entscheidungsparameter für TST und TT bei erstsömmrigen Rindern zu erproben. Diese sollten kostengünstig, einfach anzuwenden sein und behandlungswürdige Tiere sicher identifizieren. Vorrangiges Ziel war ein verringerter Einsatz von Anthelminthika ohne dabei Verluste in der Produktivität der Rinder in Kauf zu nehmen. Während der Weidesaison 2010 und 2011 untersuchten wir die Entwicklung der Körperkonstitution und die Ausscheidung von MDS-Eiern an erstsömmrigen Rindern des Thünen-Instituts für Ökologischen Landbau. Die 22 beziehungsweise 25 Versuchstiere gehörten zur Nachzucht des Milchviehbestandes im Versuchsbetrieb. Die Tiere waren zum Austrieb ca. 3 - 6 Monate alt und vor Versuchsbeginn nicht auf der Weide. 2010: Vier Wochen nach dem gemeinsamen Anweiden und natürlicher Infektion wurden 2 gleichgroße Gruppen gebildet. Die Kontrollgruppe behandelten wir dreimal mit Ivermectin (Ivomec®; 0,2 mg/kg s.c.) in der 8. und 16. Woche nach dem Weideaustrieb sowie zur Aufstallung. Die Versuchsgruppe wurde nicht strategisch entwurmt, sondern erhielt bei Bedarf eine gezielte Einzeltier-Behandlung (TST) mit demselben Medikament. Die Entscheidungskriterien für eine Einzeltierbehandlung waren entweder eine Kombination von einer hohen Eianzahl im Frischkot (EPG) von = 250 und einer geringen Tageszunahme (= 250) in Kombination mit einem sinkenden Body Condition Score (BCS). Der Auftrieb und Umtrieb erfolgte nach Gruppen getrennt auf eine in der Mitte geteilte Weide. Insgesamt hatte ein Tier 0,26 ha zur Verfügung. 2011: Analog zu 2010 wurden die Tiere gemeinsam angeweidet und infizierten sich auf natürliche Weise. Die Kontrollgruppe bestand aus 7 Tieren; wir behandelten sie 3 Wochen nach Austrieb mit Moxidectin-Depot (Cydectin 10 % LA®; 1,0 mg/kg s.c.auf der Ohrrückseite). Die TST-Gruppe bestand aus 9 Tieren und bei Bedarf gaben wir einzeln Moxidectin (Cydectin1 %®; 0,2 mg/kg s.c.). Die Entscheidungskriterien für eine Einzeltierbehandlung entsprachen denen in der Weidesaison 2010. In der dritten Versuchsgruppe therapierten wir 9 Rinder nach dem Ansatz der gezielten Herdenbehandlung (TT). Dies bedeutet, dass wir bei Behandlungsbedarf eines Einzeltieres (Kriterien entsprechen denen in der TST-Gruppe) der gesamten Herde Moxidectin (Cydectin1 %®; 0,2 mg/kg s.c.) verabreichten. Die Versuchsflächen, die auch im Jahr 2010 genutzt worden waren, teilten wir in der Weidesaison 2011 wegen der zusätzlichen Versuchsgruppe jeweils in drei gleichgroße Abteilungen auf (0,23 ha/Tier). Das Futterangebot war für alle Gruppen gleichwertig. Das Fütterungs- und Umtriebsmanagement der Gruppen blieb in den beiden Jahren unverändert. Zur Aufstallung im November wurden die Versuchstiere aller Gruppen entwurmt. Zusätzlich führten wir im Versuchsablauf weitere Entwurmungen mit Albendazol (2010) oder Fenbendazol (2011) durch. In den Weideversuchen untersuchten wir, ob mit nichtinvasiven Untersuchungstechniken eine parasitäre Belastung festzustellen ist und welche Schwellenwerte als Entscheidungshilfe für eine Anthelminthika-Behandlung geeignet sind. Die Untersuchungen fanden alle 14 Tage über die gesamte Weidesaison statt. Das Körpergewicht bestimmten wir mit einer Viehwaage und die Körperkondition hielten wir in Form des BCS nach Edmonson fest. Um die ausgeschiedenen Wurmeier zu zählen und zu testen, ob die Entwurmung wirksam, also die Eizahl infolgedessen reduziert war, nutzten wir das Modifizierte McMaster Verfahren mit einer Sensitivität von 33 Eiern pro Gramm Frischkot. Für den Nachweis von Leberegeleiern verwendeten wir das Sedimentationsverfahren. Um Arten per PCR zu differenzieren und den Larvenmigrationshemmtest durchzuführen, legten wir Kotkulturen an und reinigten sie. Für den Nachweis von Lungenwürmern wandten wir das Baermann-Wetzel Trichterverfahren an. Wir gewan- nen Serum für die Diagnostik von Antikörpern gegen Leberegel und Lungenwürmer und analysierten es entsprechend. Statistik: R ®; BootStreat ®, MS Excel ®.

Der Weideversuch 2010 ergab, dass ein Tier der TST – Gruppe die Schwellenwerte überschritt und entsprechend einmalig behandelt wurde. Alle Tiere blieben klinisch unauffällig. Die Körpergewichtsentwicklung unterschied sich nicht signifikant zwischen den Gruppen (Multivarianzanalyse, p 0,05). Die mittleren Tageszunahmen während der Weidesaison betrugen 0,854 kg für die Kontrollgruppe und 0,800 kg für die TST-Gruppe. In der Weidesaison 2011 wurde vom Wirkstoff Ivermectin auf die Wirkstoffe Moxidectin und Fenbendazol gewechselt, um möglicherweise resistente Anteile der Wurmpopulation zu umgehen. Es erfüllte wiederum ein Tier der TST-Gruppe die Kriterien und wurde einmalig entwurmt mit Fenbendazol. Die gesamte TT-Gruppe erhielt je eine Behandlung Mitte Juli mit Moxidectin und Anfang September mit Fenbendazol. Die Kontrollgruppe wurde zum Austrieb mit einem subkutanen Moxidectindepot versehen und danach noch einmal Anfang August mit Moxidectin behandelt. Danach erhielten diese Rinder noch Anfang September und Anfang Oktober Fenbendazol, um die EPG nahe Null zu halten. Alle Tiere blieben klinisch unauffällig. Die Körpergewichtsentwicklung unterschied sich nicht signifikant zwischen den Gruppen (Multivarianzanalyse, beide p 0,05). Die mittleren Tageszunahmen während der Weidesaison betrugen 1,009 kg für die Kontrollgruppe, 0,991 kg für die TST-Gruppe und 0,894 kg für die TT-Gruppe. Als Hinweis für die Kontamination der Weiden kann die mittlere Eiausscheidung über die gesamte Weidezeit heran gezogen werden. Sie betrug bei der Kontrollgruppe 6,6 EPG, bei der TST Gruppe 84,2 EPG und bei der TT Gruppe 63,5 EPG. Die Regression von der Körperkondition, ausgedrückt in BCS-Werten, auf das Körpergewicht war je nach Versuchsjahr R² = 0,68 bzw. 0,54. Da in beiden Versuchsjahren die Gruppenzugehörigkeit keinen bedeutsamen Einfluss auf die Gewichtsentwicklung der Tiere hatte, wurden die zu Grunde liegenden Schwellenwerte erfolgreich erprobt. Die enormen Einsparungen an Arzneimitteln gegenüber der Kontrollgruppe waren augenfällig in der TST Gruppe (Makrozyklische Laktone: ca 95%) und in der TT-Gruppe (ca. 80%). In dieser Studie traten dabei keine signifikanten Leistungseinbußen auf, in einer anderen Studie war dies jedoch der Fall (Hoglund, J., Dahlstrom, F., Sollenberg, S., Hessle, A. (2013) Weight gain-based targeted selective treatments (TST) of gastrointestinal nematodes in first-season grazing cattle. Vet. Parasitol. 196, 358-365). Die in unsererr Studie angewandten Schwellenwerte sollten also an größeren Herden und über mehrere Jahre erprobt werden. Mit den neuen Entwurmungsstrategien könnte sich langfristig der Larvenbesatz auf der Weide erhöhen. Deshalb sollten zusätzlich geeignete Weidemanagement-Maßnahmen, wie Weideruhe, Mahd oder Rotationszyklen, ergriffen werden. Die Artenbestimmung ergab, dass in den meisten Proben sowohl Ostertagia ostertagi als auch Cooperia oncophora vertreten war. Die Untersuchungen mit dem Eizahlreduktionstest und dem Larvenmigrationshemmtest lassen eine verringerte Wirksamkeit der Wirkstoffe Ivermectin und Moxidectin vermuten. Bei den eingesetzten Benzimidazolen (Albendazol und Fenbendazol) ergaben sich keine Hinweise auf das Vorliegen einer Resistenz. In beiden Jahren fanden sich koproskopisch keine Leberegel- oder Lungenwurmstadien. Im Jahr 2010 hatten jedoch einige Rinder einen serologischen Lungenwurmbefund, was auf eine Infektion hinweist. In kleineren Herden mit zutraulichen Tieren kann ohne Probleme eine gezielte Einzeltierbehandlung (TST) erfolgen, während bei großen Herden mit hoher Besatzdichte aus betrieblichen Gründen die gezielte Herdenbehandlung (TT) vorzuziehen wäre. Beide Verfahren zeigten ein großes Einsparpotential bei den Anthelminthika. Zusätzlich sollten geeignete Weidemanagement-Maßnahmen (wie Weideruhe, Mahd, Rotationszyklen) durchgeführt werden.

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