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Simulation und Vorhersage des Mundgefühls: Simulation und Vorhersage des mechanisch induzierten Mundgefühls beim Verzehr von fettreduzierten, nicht stückigen, fließfähigen Lebensmitteln

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: AiF 15962 N
Laufzeit: 01.01.2009 - 31.12.2012
Fördersumme: 239.750 Euro
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Das vorliegende Teilprojekt untersuchte mithilfe numerischer Simulationen das mechanisch induzierte Mundgefühl beim Verzehr von fettreduzierten, nicht stückigen, fließfähigen Lebensmitteln (z.B. Joghurt). Des Weiteren standen eine Objektivierung sensorischer textureller Eindrücke sowie deren Vorhersage im Fokus des Projektes. Hierzu bedurfte es 1.) der Ermittlung der das mechanisch induzierte Mundgefühl verursachenden Fließvorgänge beim Verzehr fettreduzierter, nicht stückiger, fließfähiger Lebensmittel mittels numerischer Simulationen, 2.) der Erarbeitung eines hybriden Systems zur objektivierten Beschreibung des Mundgefühls und 3.) darauf aufbauend der Entwicklung eines Expertensystems zur sensorisch zielgerichteten Produkt- und Prozessgestaltung zu entwickelnder Lebensmittel. Die Verknüpfung sensorischen, technologischen und strömungsmechanischen Wissens basierte auf einer engen Zusammenarbeit mit humansensorisch orientierten Forschungsstellen des Clustervorhabens (Busch-Stockfisch, TP9, (Hochschule Hamburg)) sowie Forschungsstellen aus der Technologie und Verfahrenstechnik (Hinrichs, TP1, (Universität Hohenheim), Schuchmann, TP2, (Universität Karlsruhe)). Mithilfe numerischer Simulationen des Schluckvorgangs wurde für unterschiedliche Produktklassen eine Charakterisierung der daraus resultierenden mechanischen Belastungen des Mundinnenraums (Zunge, Gaumen) erarbeitet. Die Produkte deckten dabei eine Spanne von leichtviskosen Newtonschen Modelllebensmitteln (z.B. Wasser) bis hin zu hochviskosen nicht-Newtonschen Lebensmitteln (Joghurtproben unterschiedlicher Fettgehalte von 0,1 % bis 10 %) ab. Numerische Simulationen in einer Modellmundhöhle ermitteln und visualisieren die im Mund ablaufenden Fließvorgänge von Lebensmitteln sowie Normal- und Scherspannungen, die an den Mechanorezeptoren einen Reiz auslösen. Diese Größen wurden in charakteristischen strömungsmechanischen Kennzahlen (z.B. Reynoldszahl, Deborahzahl, Beschleunigungs-, Druck- und Reibungskräfte) abgebildet. Die Analyse des Strömungsfeldes hinsichtlich der induzierten mechanischen Spannungen erfolgt einzeln in voneinander unabhängigen Bereichen auf der Zungenoberfläche, um so einen „Fingerprint“ der mechanischen Spannungsverteilung und somit in einem vereinfachten System eine Objektivierung der mechanischen Vorgänge bei der sensorischen Wahrnehmung zu erhalten. Es konnte unter anderem gezeigt werden, dass die Bereiche der stärksten mechanischen Belastung in der Nähe des Rachens liegen. Diese Erkenntnisse zu zonenspezifischen mechanischen Belastungen wurden mit experimentell bestimmten sensorischen, texturellen Daten der Gruppe Busch-Stockfisch (TP9) und rheologischen und technologischen Daten der Gruppe Hinrichs (TP1) korreliert. Systeme wie die sensorische Texturwahrnehmung, bei denen eine hohe Komplexität vorliegt und die sich nicht mittels mathematischerGleichungen beschreiben lassen, können sich zur Vorhersage kognitiver Algorithmen bedienen. Dieses Vorhaben setzte im Wesentlichen künstliche neuronale Netze und ein hybrides Neuro-Fuzzy-System ein. Künstliche neuronale Netze (KNN) sind mathematische Algorithmen, die - ähnlich wie bei einem Lernvorgang eines Menschen - aus Datensätzen (Eingangs- und Ausgangsdaten) Zusammenhänge über ein Training erlernen. Hierbei werden Verknüpfungen und Gewichtungen zwischen sogenannten Neuronen innerhalb des Trainings bestimmt. Nach erfolgreichem Training, das durch eine Validierung mit realen, noch dem System unbekannten Daten bestätigt wird, ist das KNN in der Lage, aus Eingangsdaten Vorhersagen über Ausgangsdaten zu treffen. Ein Neuro-Fuzzy-System bedient sich wie ein künstliches neuronales Netz einem Training mit vorhandenen Daten. Zudem kommen im Fuzzy-Anteil aber noch von Experten formulierte Regeln zum Einsatz, welche die Form einer Wenn-Dann-Logik besitzen. Diese Regeln wurden von den Gruppen Busch-Stockfisch und Hinrichs zur Verfügung gestellt. Es konnte gezeigt werden, dass ein KNN, das als Eingangsdaten mechanische Kenngrößen der numerischen Simulation (zonenspezifische Schubspannungenauf der Zunge) erhalten hat, für ein spezifisches Produkt sehr gute Vorhersagen über das sensorische Attribut „oral viscosity“ treffen konnte. Die Erweiterung mit den Experten-Regeln in Form des hybriden Neuro-Fuzzy-Systems (= hybrides Expertensystem) konnte sehr gute Vorhersagen zu „Cremigkeit“, „Grießigkeit“, „adstringierend“ und „belegend“ erstellen. Das gesteckte Ziel einer objektivierten Beschreibung des zu erwartenden Mundgefühls konnte somit basierend auf strömungsmechanisch induzierten Belastungen des Mundinnenraums mittels eines hybriden Systems erreicht werden. Die Ergänzung des hybriden Expertensystems um Suchalgorithmen und Optimierungsverfahren führte zudem dazu, auch umgekehrt gezielt für vorgegebene sensorische Anforderungen Produktzusammensetzungen vorschlagen zu können. Die Validierung zeigte auch hierfür eine sehr gute Vorhersagegenauigkeit. Dies zeigt, dass das erstellte hybride Expertensystem ein hohes Potential besitzt, Sensorikpanels und Produktentwickler in der Praxis bei der Auswahl von erfolgversprechenden Sensorik-Produkt-/ Prozessparameter-Kombinationen zu unterstützen.

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