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Einstellen thermophysikalischer Eigenschaften von Käse durch die Milchvorbehandlung

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: AiF 16462 N
Laufzeit: 01.02.2010 - 31.05.2013
Fördersumme: 292.100 Euro
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Ausgangssituation: Käseprodukte werden zu etwa 75 % über die private Nachfrage, zu 15 % als Industrieware und zu 12 % an Großverbraucher vermarktet (USA je etwa 1/3). Die Bedeutung der Industrieware ist bei Schnitt- und Hartkäse am größten, da gegenüber anderen Käsesegmenten die Einsatzmöglichkeiten breit gefächert sind, z.B. Tiefkühlbaguette, Pizzen, Aufläufe, frittierte Waren. Damit werden an die Käseprodukte aber auch spezifische und zum Teil neue technofunktionelle Anforderungen gestellt, wie z. B. definiertes Fließen oder Schmelzen bei gleichzeitiger Bräunung nach vorgegebener Zeit. Diese spezifischen Charakteristika können unter dem Begriff „thermophysikalische Eigenschaften“ subsummiert werden, die es methodisch zu beschreiben gilt. In den letzten Jahren wurden neue Technologien in Käsereien eingeführt, um die Prozesse wirtschaftlicher oder um die Textur von Käsen mit geringem Fettgehalt angenehmer zu gestalten. Wenig Aufmerksamkeit wurde dabei der Tatsache gewidmet, dass diese neuen Technologien, wie Vorkonzentrieren durch Ultra- oder Mikrofiltration, Homogenisieren oder Hocherhitzen der Käsereimilch, als auch der Einsatz mikropartikulierter Molkenproteine, die thermophysikalischen Eigenschaften, wie zum Beispiel das Schmelzverhalten, Ausölen, Bräunung des Endprodukts, nachhaltig beeinflussen. Die wissenschaftlichen Studien zum Einfluss der technologischen Vorbehandlung auf einige thermophysikalische Eigenschaften einer Käsematrix sind äußerst lückenhaft. Hinzu kommt das Problem der uneinheitlichen Messmethodik. Sofern verschiedene Technologien der Milchvorbehandlung untersucht wurden, wurde meist auf die notwendige Prozessanpassung verzichtet, wodurch der Wassergehalt und damit auch das Reifungsverhalten der Käse unterschiedlich waren. Daraus abgeleitete Erkenntnisse bzgl. thermophysikalischer Eigenschaften besitzen damit wenig Praxisrelevanz. Ziel des Forschungsvorhabens war es, die Auswirkungen technologischer Parameter in der Vorbehandlung der Käsereimilch in Hinblick auf die thermophysikalischen Eigenschaften des Endprodukts zu untersuchen. Wirtschaftlich attraktive Technologien, wie Mikrofiltrieren, Homogenisieren, Hocherhitzen, Zusatz von partikulierten Molkenproteinen, sollten in den Käsungsprozess integriert werden, so dass bestehende Produkte auf den Einsatzzweck abgestimmt bzw. spezifische Kundenwünsche durch innovative Lösungen schneller bedient werden können. Das zentrale wissenschaftliche Ziel war, die Vorgänge bzw. Reaktionen, die im komplexen System Käse beim Gel-Sol-Übergang auftreten, auf mikro- und makrostruktureller Ebene mittels mechanisch-dynamischer Analyse und CLSMTechnik zu durchdringen. Forschungsergebnis: Ein Standardprozess zur Schnittkäseherstellung wurde etabliert, Methoden (empirisch, semiempirisch, fundamental) aus der Literatur wurden zusammengetragen und die Reproduzierbarkeit der Messungen nachgewiesen. Begriffsdefinitionen für thermophysikalische Eigenschaften, z.B. Schmelzen, Fließen, Dehnen, sowie das Betrachten des Käses als komplexes amorphes System wurden eingeführt. Mithilfe von Handelsproben (Hart-, Schnitt-, Weich-, Weißlakenkäse) wurden ein Datenpool zum Differenzieren der Käse erzeugt und sieben Methoden für weitere Analysen ausgewählt (Schreiber-Test, Fettring- Test, Schmelzprofil, Temperatur-Sweep, Dehnfähigkeit, Helligkeit/Bräunung, CLSM). Ergänzend wurden in Laborexperimenten Parameter zur Gelbildung und Synärese der technologisch unterschiedlich vorbehandelten Milch ermittelt, mit denen der Käsungsprozess im Technikumsmaßstab so ausgelegt wurde, dass der pH-Wert und die Zusammensetzung der Rohkäse jeweils mit dem Standard vergleichbar waren. Zur statistischen Auswertung funktioneller Eigenschaften wurde eine Principal- Component-Analysis etabliert. Zusammenhänge zwischen der Technologie und der thermophysikalischen Eigenschaften der Käse wurden dadurch ermittelt. Damit war es beispielsweise möglich, unterschiedliche Käsesorten (z.B. Schnitt-, Hart-, Weichkäse) hinsichtlich physikalischer Eigenschaften zu kategorisieren. Folgende technologischen Varianten wurden durchgeführt: Das Vorkonzentrieren der Milch mittels Mikrofiltrieren ermöglichte einen verkürzten Käsungsprozess, ein Vereinheitlichen der Prozesstemperaturen und eine reduzierte Zugabe an Chymosin/CaCl2, wobei die thermophysikalischen Eigenschaften der Käse nahezu unverändert waren. Durch eine UHT-Behandlung (140°C/3 s) der Mikrofiltrations-Retentate (i = 1…2) konnten Sporen inaktiviert werden, so dass auf eine Nitrat- bzw. Lysozym-Zugabe verzichtet wurde. Zudem wurden vermehrt Molkenproteine in die Käsematrix integriert. Die verminderte Gelfestigkeit konnte durch Vorkonzentrieren mittels Mikrofiltration und durch CaCl2-Zugabe kompensiert werden. Im Vergleich zum Standard resultierten thermostabile Käse, die sich u. a. durch geringe Dehn-, Fließ-, Schmelzeigenschaften und Ausölen auszeichneten. Vergleichend und ergänzend wurde der Einfluss der Reifung an Käsen mit und ohne Zugabe von mikropartikulierten Molkenproteinen (Proteinzugabe 0,53 % w/w) in drei Fettgehaltsstufen (Vollfett, Dreiviertelfett, Magerstufe) untersucht. Mikropartikulierte Molkenproteine wurden erstmals mikroskopisch mittels CSLM als Störstellen „inert filler“ in der Käsematrix visualisiert. Durch Zugabe mikropartikulierter Molkenproteine konnte eine Fettreduktion hinsichtlich textureller und thermophysikalischer Eigenschaften kompensiert werden. Mikropartikulierte Molkenproteine werden während der Reifung im Gegensatz zur para-Casein-Matrix kaum abgebaut, so dass sie beim Schmelzen die Verschiebbarkeit der Caseinstränge (Kugellagereffekt) ähnlich wie Fett ermöglichen. Abschließend wurde die Hypothese getestet, dass über den Schmelzpunkt von Milchfettfraktionen ebenfalls die thermophysikalischen Eigenschaften einzustellen sind. Mit steigendem Schmelzpunkt wurden bei großen emulgierten Fettkugeln (ca. 3 μm) die Schmelzeigenschaften verbessert und die geschmolzenen Käse neigten zum Ausölen. Wurden hingegen kleine Fettkugeln (ca. 1 μm) durch Emulgieren erzeugt, waren unabhängig vom Schmelzpunkt des eingesetzten Fettes Ausölen, Fließfähigkeit sowie Dehnfähigkeit vermindert. In einer qualitativen Übersicht wurden die Resultate zum Einfluss der Technologie auf die thermophysikalischen Eigenschaften aufbereitet, um Unternehmen technologische Optionen für die Einstellung technofunktioneller Eigenschaften von Käse aufzuzeigen.

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