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Optimierung thigmomorphogenetischer Effekte für die alternative Wuchsregulierung von Topfkulturen durch Einsatz luftgesteuerter Reize (THIGMO)

Projekt


Förderkennzeichen: 2811NA057
Laufzeit: 01.06.2013 - 30.04.2019
Fördersumme: 170.942 Euro
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Im Zierpflanzenanbau ist die Wuchshemmung der Pflanzen die Regel. Hintergrund sind Erfordernisse, kompakte, kleine, aber hochwertige Zierpflanzen zu produzieren, um eine Erhöhung der Flächenproduktivität und eine Begrenzung des Logistikaufwandes und der Transportkosten zu erreichen. Hinzu kommt noch die vom Handel verlangte termingerechte Lieferung bei hoher Flexibilität des Auslieferungstermins. Gleichzeitig stehen aber auch der Qualitätsanspruch der Verbraucher, die Nachfrage nach bestimmten Sorten, die Reduzierung von Personalkosten und damit insgesamt die Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Zierpflanzenbaus im Vordergrund. Um diesen vielfältigen Ansprüchen Rechnung tragen zu können, wird seitens der Praxis in der Regel auf chemisch-synthetische Stauchemittel zurückgegriffen. Spätestens nach dem Wegfall wirksamer Stauchemittel (z.B. Alar), die jedoch im Ausland eingesetzt werden dürfen, kommt es aufgrund fehlender Alternativen zu starken Wettbewerbsverzerrungen. Daher wird dringend nach nicht chemischen Alternativen gesucht. Ein Weg ist die Nutzung thigmomorphogenetischer Effekte. Im Rahmen dieses Projektes soll durch gezielte mechanische Reize eine Reduzierung des Streckenwachstums erreicht werden. Dabei steht nicht die Berührung der Pflanze, sondern die Nutzung von Luftbewegungen im Vordergrund, die durch Düsen am Gießwagen erzeugt werden sollen. Ziel ist es, ein neues, auf Luftbewegung beruhendes Verfahren zur alternativen Wuchshemmung zu entwickeln und in der Praxis einzuführen. Angestrebt wird die Entwicklung einer automatischen Steuerung der Reizintensität aufgrund einer Evaluierung und Quantifizierung von Stresssignalen. Weitere alternative Verfahren, wie z.B. Klimaregelstrategien, die Anwendung elektrophysiologischer Reize/Signale oder der Einsatz von Pflanzenstärkungsmitteln, sollen dabei berücksichtigt werden. Dieses Verfahren soll dabei für Tisch- und Beetkulturen, sowie Trays in Bodenbeeten zum Einsatz kommen. Durch die genauere Untersuchung der ausgelösten Stresssignale soll die Basis für eine Steuerung dieser Technik beispielsweise über die Klimasteuerung erarbeitet werden. Die Bearbeitung dieser Fragestellung soll im Rahmen eines Verbundprojektes durch die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau, Heidelberg (11NA057) und die Universität Hohenheim, Institut für Kulturpflanzenwissenschaften, Stuttgart (11NA067) bearbeitet werden. Nach einer Literatursichtung und der Auswahl geeigneter Pflanzen (in Abstimmung mit dem bereits laufenden Projekt 11NA010 'Alternative Wachstumsregulierung von Pflanzen mittels gesteuerter Vibrationstechnik als Ersatz chemischer Hemmstoffe') sollen ab dem ersten Jahr an der LVG Heidelberg grundlegende Untersuchungen mittels der an der LVG vorhandenen Versuchswagen an unterschiedlichen Kulturen durchgeführt werden. Mittels Querstromgebläsen sollen Versuche zu Windmenge, Windgeschwindigkeit, Überfahrtgeschwindigkeit und -häufigkeit durchgeführt werden. Für eine definierte Hemmwirkung sollen dabei die beobachteten Wachstumsveränderungen in Bezug zu gemessenen Stresssignalen gesetzt werden und so Aussagen zu Stärke und zeitlicher Intensität des auszuübenden Reizes an unterschiedlichen Kulturen gemacht werden. Ab dem zweiten Jahr soll zusätzlich ein Sondergießwagen zum Einsatz kommen, der sowohl Gießen als auch Hemmen kann. In einem weiteren Schritt soll unter Laborbedingungen durch die Universitäten Hohenheim und Hamburg die durch den Bewegungsreiz ausgelöste Signalkette weitergehend charakterisiert werden und in Beziehung zu den physiologischen Wirkungen gesetzt werden. Neben der Messung der Ethylenkonzentrationen im Bestand und an einzelnen Pflanzenorganen sollen Pflanzenanalysen zur weitergehenden Charakterisierung vorkommender Phytohormone durchgeführt werden. Zudem sollen elektrophysiologische Reize, die durch die Reizausübung an der Pflanze ausgelöst werden, erfasst und ein Zusammenhang zwischen Reizintensität, -dauer und –frequenz einerseits und der wuchshemmenden Wirkung andererseits hergestellt werden. Diese Untersuchungen sollen auch beispielhaft mit Wachstumsregulatoren (chemisch-synthetische Wachstumsregulatoren, Pflanzenstärkungsmittel) durchgeführt werden, um die hier ausgelösten Mechanismen zu erfassen. Als nächster Schritt sollen zusätzliche Verfahren der Wuchshemmung, wie Klimaregelung oder Pflanzenstärkungsmittel, in das Gesamtverfahren eingebunden und deren Einfluss auf den Phytohormonhaushalt erfasst werden. Dabei sollen Pflanzenstärkungsmittel auf mögliche Auxintransporthemmstoffe untersucht und hinsichtlich ihres Potentials zur Hemmung des Längenwachstums charakterisiert werden. In einem letzten Schritt soll auf Basis der erfolgversprechendsten Ergebnisse eine praxistaugliche Anlage entwickelt und in einem Praxisbetrieb erprobt werden. Die erforderlichen Pflanzenbonituren an der LVG Heidelberg erfolgen während der Projektlaufzeit auf zwei Wegen: Zur kontinuierlichen Dokumentation der Pflanzenbewegung und der Pflanzenhöhe (und damit der Wachstumsgeschwindigkeit) kommt die automatisierte Scantechnik PlantEye zum Einsatz. Der Einfluss auf den Habitus der Pflanzen (Gesamtpflanzenentwicklung, Anzahl und Länge der Internodien, Länge und Dicke der Sprosse) erfolgt hingegen mittels herkömmlicher Bonituren.

Die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Heidelberg hat in Zusammenarbeit mit der Universität Hohenheim ein neuartiges technisches Verfahren entwickelt, bei dem der Einsatz chemischer Hemmstoffe durch den Einsatz luftgesteuerter Reize substituiert wird. Die Luftreize versetzen den Pflanzenbestand in Bewegung und führen zu einer Biegung der Hauptsprosse. Hierdurch findet eine Veränderung im Phytohormonhaushalt der Pflanze statt, die zu einer Minderung des Streckungswachstums führt. Eine regelmäßige und gezielte Ausbringung von Luftreizen führte in den Versuchen zu einer kompakten und stabilen Wuchsform der Pflanzen. Das System wurde bereits erfolgreich in die Praxis integriert.
orgprints.org/36330/

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