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Verarbeitungseigenschaften sowie bio- und technofunktionelle Inhaltsstoffe der alten Weizenarten Einkorn, Emmer und Dinkel – Anwendungsorientierte Grundlagen zur intensiveren Nutzung dieser Getreide

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: AiF 18355 N 1
Laufzeit: 01.01.2015 - 31.12.2017
Fördersumme: 320.740 Euro
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Weizen ist eine der wichtigsten Kulturpflanzen der Welt. Über 90 % der heute jährlich angebauten 700 Mio. t Weizen sind Weichweizen (Triticum aestivum L.), während der Rest fast vollständig auf Hartweizen (T. durum DESF.) entfällt. Die alten Weizenarten Einkorn (T. mono-coccum L.), Emmer (T. dicoccum SCHRANK.) und Dinkel (T. spelta L.) besitzen weltweit eine untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung. In Deutschland jedoch gewinnt Dinkel seit den 1980er Jahren immer mehr an Bedeutung. Die alten Getreidearten weisen ersten Studien zufolge einen hohen Gehalt an Mikronährstoffen auf. Die wichtigsten Vertreter sind Carotinoide, wie Lutein und Zeaxanthin, sowie weitere lipophile Antioxidantien, insbesondere Tocopherole und -trienole (Vitamin E), Alk(en)ylresorcinole und Sterylferulate. Zudem wurden in Einkorn bislang keine α- Amylase Trypsin-Inhibitoren (ATI) nachgewiesen. Diese Proteinklasse wird als Auslöser des Bäcker-Asthmas angesehen und wurde kürzlich als Verstärkungsfaktor in der Pathogenese der Zöliakie ('Sprue') und der Auslösung der Weizensensitivität ('Non Celiac Gluten Sensitivity', NCGS) postuliert. Ein umfassendes Screening dieser Pflanzeninhaltsstoffe in großer Sortenzahl wurde bislang nur bei Weichweizen durchgeführt, während deren Gehalt in alten Arten bislang nur wenig auch hinsichtlich der Beeinflussung durch genotypische und umweltbedingte Faktoren, charakterisiert wurde. Für die ernährungsphysiologische Beurteilung eines Lebensmittels sind nicht nur der Gehalt und die Stabilität der aktiven Verbindungen von Bedeutung, vielmehr sind auch deren Freisetzung und Absorption (= Bioverfügbarkeit) ausschlaggebend. Diese Bioverfügbarkeit von Nährstoffen hängt stark von deren Deposition im Lebensmittel ab. Da In-vitro-Freisetzungsversuche eine gute Übereinstimmung mit der In-vivo-Bioverfügbarkeit aus Humanstudien aufwiesen, können sie einen entscheidenden Aufschluss über die gesundheitliche Relevanz der in Weizen enthaltenen lipophilen Mikronährstoffe liefern. Die Backqualität ist eine der wesentlichsten Eigenschaften für die Anbauwürdigkeit und Wettbewerbsfähigkeit von Weizen. So ist neben der Menge an Rohprotein auch der Gehalt an Glutenin-Makropolymeren (GMP) für die Backeigenschaften von großer Bedeutung. Innerhalb der Kleberproteine haben v.a. auch sortenabhängige Strukturunterschiede bei den HMW (High-Molecular-Weight)-Untereinheiten der GMP Auswirkungen auf das Backverhalten. Über die quantitative Proteinzusammensetzung und die Teig- und Backeigenschaften von Emmer und Einkorn liegen ebenfalls bisher nur wenige Untersuchungen vor. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, anwendungsorientierte und ernährungsphysiologische Grundlagen zu erarbeiten, um eine intensivere Nutzung der alten Weizenarten Einkorn, Emmer und Dinkel zu erreichen. Dabei sollen Handlungsempfehlungen zu Züchtung, Anbau und Verarbeitung dieser Getreide erstellt und ernährungsphysiologische Alleinstellungsmerkmale für eine verbesserte Vermarktungsgrundlage identifiziert werden. Ein Viertel der jährlich in Deutschland angebauten Weizen (22 Mio. t) werden in über 500 Mühlen vermahlen und u.a. in 14.000 Bäckereien weiterverarbeitet. Der Umsatz der getreideverarbeitenden Industrie liegt bei über 20 Mrd. € p.a. Während seit Jahren das sog. 'Bäckereien-Sterben' anhält, setzt sich bei handwerklichen Betrieben eine Orientierung ins Premiumsegment immer stärker durch. Diese Betriebe produzieren v.a. auch Spezialitäten-Gebäcke, die ein deutlich höheres Preisniveau gegenüber dem Standardsortiment aufweisen. Ein wichtiges Element sind dabei Dinkelerzeugnisse, die seit einigen Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen. In den nächsten Jahren ist die Fortsetzung dieses wirtschaftlichen Erfolgs zu erwarten, insbesondere wenn weitere 'Spezialitäten-Weizen', wie Einkorn und Emmer, an Popularität gewinnen könnten. Ein Marktanteil vergleichbar dem heutigen Dinkelanteil scheint erreichbar, sofern die Voraussetzungen für eine intensivere Nutzung geschaffen werden. Das Ziel des vorliegenden Forschungsvorhabens liegt in der Entwicklung dieser Grundlagen. So umfasst es den kompletten Produktionsablauf von Empfehlungen für die Züchtung neuer Weizensorten über Verarbeitungsempfehlungen bis zum verzehrsfähigen Produkt und dessen ernährungsphysiologischer Bewertung (lipophile Mikronährstoffe, NCGS-Verträglichkeit) sowie dem Aufweisen von Vermarktungsmöglichkeiten ('from farm to fork').

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Fachgebiete

Ausführende Einrichtung

Landessaatzuchtanstalt (720) (LSA)

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