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Serotyp 4b Variante (IV-v1) von Listeria monocytogenes als Quelle eines Listeriose-Ausbruchs in Deutschland

Projekt

Ernährung und Verbraucherschutz

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Ernährung und Verbraucherschutz


Förderkennzeichen: BfR-BIOS-08-1322-620
Laufzeit: 01.01.2015 - 31.12.2015
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Listeria monocytogenes (Lm) ist ein grampositives, stäbchenförmiges Bakterium, welches bei Mensch und Tier die mild bis tödlich verlaufende Infektionskrankheit Listeriose auslösen kann. Das Bakterium kommt ubiquitär vor, z. B. im Erdreich, in Abwasser, auf Pflanzen, im Intestinaltrakt von Säugern, Vögeln, Fischen, und Krebstieren (Farber et al. 1991). Die Aufnahme des Erregers erfolgt beim Menschen in erster Linie durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln tierischer und pflanzlicher Herkunft. Die höchsten Nachweisraten finden sich in Hackfleisch, rohen Fleischzubereitungen, geräuchertem Fisch, Käse und Feinkostsalaten (EFSA, 2014; Hartung et. al., 2014). Ursache für die Kontamination ist meist der Eintrag während der Verarbeitung des Lebensmittels aus der Umwelt oder von pflanzlichen und tierischen Rohprodukten. In Deutschland wurden in den Jahren 2001 bis 2009 nach dem Infektionsschutzgesetz 3092 Listeriosefälle gemeldet. In den vergangenen Jahren ist insbesondere die Inzidenz unter älteren Menschen (≥ 70 Jahre) gestiegen (RKI, 2010). In Deutschland trat im Jahr 2013 mit 467 gemeldeten Listeriose-Erkrankungen die höchste Fallzahl seit 2006 auf. Dies entspricht einer Inzidenz von 0,6 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Die Letalität lag bei 7 % (31 gemeldete Todesfälle) (RKI 2014). Besondere Risikogruppen sind Schwangere, Immungeschwächte und alte Menschen. Listeria monocytogenes wird anhand der somatischen O- und H-Antigene in 13 verschiedene Serotypen eingeteilt: 1/2a, 1/2b, 1/2c, 3a, 3b, 3c, 4a, 4ab, 4c, 4b, 4d, 4e, 7. Die Mehrzahl der humanen Listerioseerkrankungen ist mit den Serotypen 1/2a, 1/2b und 4b assoziiert (Rocourt et al., 1989, RKI, 2010). Neben der klassischen Serotypisierung mittels Agglutinationstests unter Verwendung von Antiseren kann die Serotypisierung mit Hilfe der Multiplex-PCR nach Doumith et al. (2004) durchgeführt werden. Hierbei werden durch den Nachweis von vier Serotyp-assoziierten Genloci (lmo1118, lmo0737, ORF2110, ORF2819) sowie eines genus- und eines speziesspezifischen Gens fünf molekulare Serotypen unterschieden: IIa (1/2a, 3a), IIb (1/2b, 3b, 7), IIc (1/2c, 3c), IVa (4a, 4c) und IVb (4b, 4ab, 4d, 4e). 2011 und 2012 wurden erstmals Lm-Stämme beschrieben, die den Serotyp 4b aufweisen, jedoch neben den für den molekularen Serotyp IVb typischen Genloci ORF2110 und ORF2819 auch den für die molekularen Serotypen IIa und IIc spezifischen Genlocus lmo0737 tragen (Leclercq et al. 2011, Lee et al., 2012). Der molekulare Serotyp wird als IVb Variante 1 (IVb-v1) bezeichnet und wurde erstmals 1959 aus Menschen isoliert. Die Mehrzahl der Stämme wurde zwischen 2002 und 2008 in Mensch und Lebensmitteln weltweit verteilt nachgewiesen (USA, Brasilien, Australien, Frankreich, Schweiz, Algerien), sie können drei verschiedenen klonalen Gruppen zugeordnet werden (Lee et al., 2012). 2010 wurde der molekulare Serotyp IVb-v1 erstmals bei einem Ausbruchsstamm in Deutschland nachgewiesen (Aichinger et al., 2010). In dem Listeriose-Ausbruch hatten sich 9 Patienten in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern durch den Verzehr von kontaminierter Heringskarbonade infiziert, 1 Patient starb. Es liegen bisher keine Untersuchungen zur Zuordnung des Ausbruchsstammes zu schon bekannten IVb-v1-Stämmen und zum epidemischen Potential vor. Hochauflösende Typisierungsmethoden zur Unterscheidung von bakteriellen Isolaten stellen ein wichtiges Werkzeug für die Bekämpfung und Aufklärung von Infektionen bei Mensch und Tier dar. Während die Pulsfeld-Gelelektrophorese (PFGE) eine hohe Trennschärfe für Lm aufweist und derzeit noch als Goldstandard für Ausbruchsuntersuchungen eingesetzt wird, dient die Multilocus Sequenz Analyse (MLST) vor allem der Untersuchung von Populations¬strukturen. Mit der Gesamtgenomsequenzierung steht eine Typisierungs¬methode zur Verfügung, mit der es gelingt, die Grenzen der PFGE und MLST aufzulösen und auf genomischer Ebene maximale Informationen zu einem Isolat zu erhalten, wodurch gleiche Klone sicher identifiziert und miteinander verglichen werden können. Die Daten können der Suche nach Markern zur Identifizierung epidemischer Klone mit hohem Potential, Listeriose-Ausbrüche hervorzurufen, zur Identifizierung von Klonen, für die aufgrund bestimmter auftretender Mutationen in Virulenz-assoziierten Genen eine veränderte Virulenz angenommen werden kann, oder zum Beispiel zur Suche nach Resistenzdeterminanten gegenüber Antibiotika und Desinfektionsmitteln dienen. 2010 wurden in Deutschland erstmals Listeria monocytogenes (Lm)-Isolate des molekularen Serotyps IVb-v1 als Ursache eines Listeriose-Ausbruches nachgewiesen. Bisher wurden IVb-v1-Stämme weltweit nur sporadisch bei Human¬infektionen oder aus Lebensmitteln isoliert. Im vorliegenden Projekt wurden die aus dem Ausbruch vorliegenden Lm-Isolate des Serotyps IVb-v1 in die vorhandene Populationsstruktur von Lm eingeordnet. Dazu wurde beispielhaft ein Panel von 81 Lm-Isolaten aus der Grundlagenstudie zum Vorkommen von Lm in verzehrfertigen Lebensmitteln in 2010 und 2011 in Deutschland mittels MLST untersucht. IVb-v1-Isolate clusterten in der MLST mit IVb- und IIb-Stämmen, gehörten jedoch keinem bekannten klonalen Komplex an. Die Isolate wurden mittels MiSeq-Sequenzierung typisiert. Aufgrund der noch fehlenden de novo-Sequenzierung eines IVb-v1-Isolates konnten diese Daten bisher nicht final ausgewertet werden. Nach Vorliegen der de novo-Assemblierung Anfang 2016 erfolgen die noch fehlenden Analysen zur Genomdiversität der IVb-v1-Isolate im Ausbruchsgeschehen und nach Persistenz im Herstellerbetrieb sowie die Abschätzung des epidemiologischen Potentials.

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