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Integration ethologischer und funktioneller Merkmale in Zuchtprogramme für die Sau von morgen (FreeSow)

Projekt


Förderkennzeichen: 2815NA082
Laufzeit: 01.06.2016 - 31.05.2019
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Der Themenkomplex „Tierschutz“ hat mittlerweile im Bereich der Nutztierhaltung eine zentrale Rolle eingenommen. Im Bereich der ausschließlich in Ställen gehaltenen Nutztiere, darunter auch Schweine, zeigen sich mehrere Sachverhalte, die grundsätzlich neue Ansätze der Tierhaltung (und auch der Tierzucht) einfordern. Diese sind zu einem nicht unwesentlichen Teil einer kritischen Verbraucherschaft geschuldet und damit auch gesellschaftspolitisch motiviert. Schon vor Jahren wurde die Anbindehaltung tragender Sauen verboten. Auch im Bereich für die Abferkelung und für ferkelführende Sauen werden entsprechende Forderungen gestellt. Das Fixieren der Sauen während dieser Phase wird seit Jahrzehnten zur Vermeidung von Ferkelverlusten praktiziert und hat sich zum Haltungsstandard entwickelt. Auch im Stallbau und im generellen technisch-produktionsrelevanten Umfeld der Sauenhaltung sind die Entwicklungen dahingehend erfolgt. Die „freie“ Haltung der Sauen zum Abferkeln und während der Ferkelaufzucht stellt die gesamte landwirtschaftliche Produktionskette daher vor eine große Herausforderung. Hinsichtlich des genetisch determinierten Tierverhaltens werden nunmehr Merkmale relevant, die jahrzehntelang keine Beachtung gefunden haben, bedeutungslos waren und eher beiläufig in eine entgegengesetzte Richtung entwickelt wurden. Im Projekt sollen entsprechend im Rahmen innovativer Haltungssysteme relevante Merkmale in den Focus gerückt werden und in einem tierzüchterischen Kontext bearbeitet werden: • Entwicklung und Überprüfung von erfassbaren Bewertungsparametern des Verhaltens von Sauen und Ferkeln in Freilaufbuchten. • Entwicklung von Parametern zur Beurteilung der Gesundheit, v.a. der Gesäugegesundheit und Milchleistung (Sicherstellung einer adäquaten Versorgung der Saugferkel in Freilaufbuchten). • Entwicklung von Parametern, die das physische Wohlergehen von Sauen in Freilaufbuchten charakterisieren (die Futteraufnahme in der Abferkelung, die Wasseraufnahme, Ausmaß der Gewichtsreduktion während der Laktation sowie Merkmale der Langlebigkeit und Gesundheit). • Genotypisierung hinsichtlich der erfassten Parameter der drei Bereichen Verhalten, Gesundheit, Wohlergehen. • Integration von relevanten Verhaltens-, Gesundheits- und Wohlergehensmerkmalen von Sauen in Freilaufbuchten in die Selektions- und Zuchtentscheidungen. Das Projekt beinhaltet sieben Arbeitspakete: • AP 1: Charakterisierung des Sauenverhaltens • AP 2: Datenerfassung Gesundheitsmerkmale der Sau • AP 3: Datenerfassung Futterverwertung, Wohlergehen • AP 4: Validierung im ökologischen Betrieb • AP 5: Genotypisierung, Datenanalyse, Berechnung von Korrelationen zwischen Merkmalen • AP 6: Zuchtplanung, Zuchtwertermittlung, Übertragung und Implementierung in das Zuchtprogramm • AP 7: Wissenstransfer In den Arbeitspaketen sollen grundlegend und aufeinander aufbauend die Fragen der Merkmalsdefinition, ihrer Erfassung und das Potenzial ihrer züchterischen Bearbeitung bis hin zur Implementierung züchterischer Schritte erfolgen. Dabei werden auch genomische Informationen ermittelt und verarbeitet. Zudem ist eine zusätzliche Validierung der Ergebnisse in Produktionsumwelten ökologischer Betriebe geplant. Für die praktischen Versuche werden durch den Projektpartner BHZP die entsprechen notwendigen Stallungen zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig entstammt auch das zur Verfügung stehende Tiermaterial von dort (DL – Sauen, Basiszucht-Sauengentik) Für die entsprechend unter ökologischen Bedingungen durchzuführenden Versuche stehen Stallungen der LZB Echem (Landwirtschaftskammer Niedersachsen) zur Verfügung. Die wissenschaftliche Betreuung und Auswertung obliegt den beteiligten Hochschulen (TiHo Hannover, und MLU Halle).

Das Projekt „FreeSow“ hatte zum Ziel, Sauen hinsichtlich ihrer Eignung für freiere Abferkelsysteme und alternative Haltungsverfahren zu charakterisieren und diese Eigenschaften in die zukünftige Zuchtplanung zu integrieren, um einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Tierzucht zu leisten. Da Systeme ohne Fixierung besondere Herausforderungen mit sich bringen, wird von einer in ihnen gehaltenen Sau erwartet, dass sie sowohl eine gute Mütterlichkeit gegenüber ihren Ferkeln aufweist als auch mögliche Interaktionen mit dem Menschen toleriert. Daher wurden im Projekt verschiedene Verhaltenstests zur Beschreibung des Verhaltens der Sauen entwickelt und angewandt. Für die praktische Datenerfassung über zwei Jahre standen der Basiszuchtbetrieb Garlitz (BHZP) mit 80 Bewegungsbuchten für detaillierte Untersuchungen und die ökologische Sauenhaltung des LBZ-Echem (LWK) für die Validierung unter ökologischen Bedingungen zur Verfügung. Umfangreiche Datenerhebungen und -analysen zur Tiergesundheit und zum Wohlbefindens bildeten einen weiteren Schwerpunkt. Alle im Rahmen des Projektes entwickelten Verhaltenstests zur Toleranz gegenüber menschlichen Interaktionen erwiesen sich als geeignet, um das Verhalten der Sauen in praxi zu charakterisieren. Die geschätzten Heritabilitäten für die Merkmale, die sich mittels Test ergaben und Verhalten der Sauen gegenüber Menschen charakterisierten, lagen im Bereich von h² = 0,131 bis h² = 1.87. Diese Erblichkeitsgrade lassen eine erfolgreiche züchterische Bearbeitung zu. Zudem fanden sich bei Genom-weiten Assoziationsstudien erste Hinweise auf vielversprechende SNPs. Für die Nutzung in einem Sauenplaner wurden neue Merkmale des Tierverhaltens entwickelt und integriert, so dass eine einfache Dokumentationsmöglichkeit für den Sauenhalter geschaffen worden ist. Bereits während der Projektlaufzeit wurde die Selektion gegen unerwünschte Verhaltensweisen von Sauen in Abferkelsystemen mit größerer Bewegungsmöglichkeit umgesetzt.

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