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Anwendung natürlich vorkommender Gegenspieler der Kohlmottenschildlaus (KMSL) in Kohlgemüse im kombinierten Einsatz mit Kulturschutznetzen

Projekt


Förderkennzeichen: 2806OE339
Laufzeit: 01.04.2007 - 30.04.2010
Fördersumme: 204.742 Euro
Forschungszweck: Angewandte Forschung

Die Kohlmottenschildlaus entwickelt sich zunehmend zu einem Problem im ökologischen Kohlanbau. Durch eine stetige flächenmäßige Ausbreitung und der Besiedlung immer neuer Kulturen (insbesondere Rosenkohl, Grünkohl, Wirsing, Blumenkohl, Broccoli, Kohlrabi u.a.) müssen von den Anbauern starke Qualitäts- und Gewichtsverluste hingenommen werden. Teilweise überlegen erste Betriebe bereits, den Anbau von Rosenkohl und Grünkohl einzustellen. Bedingt durch die stetig steigende Nachfrage nach ökologisch erzeugtem Rosenkohl orientiert sich der Handel zunehmend ins europäische Ausland, da der Bedarf aufgrund dieses Problems durch deutsche Erzeugnisse nicht gedeckt werden kann. Erste Bestrebungen, diesem Problem mit dem Einsatz von Kulturschutznetzen zu begegnen, zeigten, dass zwar eine Eindämmung möglich ist, der Befall aber nicht verhindert werden kann. Daher ist eine Weiterentwicklung der Regulierungsstrategie, bspw. durch Optimierung des Kulturschutznetzeinsatzes bzw. der Kombination mit anderen Bausteinen (hier: Nützlingseinsatz) erforderlich, um der Praxis eine wirksame Gesamtstrategie zur Verfügung stellen zu können. Die Untersuchungen sollen unter Federführung der Universität Kassel durchgeführt werden. Sie teilen sich in drei Einzelmaßnahmenkomplexe auf, die miteinander kombiniert werden sollen. Dies sind der Einsatz von Kulturschutznetzen, der Nützlingseinsatz und der Einsatz von Mulchfolie. Begleitend soll ein Monitoring in den Anbaugebieten durchgeführt werden. An der Universität Kassel soll ein Parzellenversuch unter Praxisbedingungen (Kulturführung) eingerichtet werden, bei dem der Kulturschutznetzaspekt in Kombination mit dem Nützlingseinsatz erprobt wird. Kulturschutznetze allein zeigten in ersten Voruntersuchungen zwar eine eindämmende Wirkung, die jedoch für eine effiziente Regulierung nicht ausreicht. Daher sollen zusätzlich die Schlupfwespe Encarsia tricolor und der Marienkäfer Clitostethus arcuatus ausgebracht werden. Die genannten Nützlinge kommen natürlich im Freiland vor und wurden bereits auf ersten Kohlflächen beobachtet. Allerdings verhindern Klimabedingungen (Wärmebedürfnis) und Alternativnahrung eine Massenvermehrung auf Kulturflächen. Daher wurden diese Nützlinge versuchsweise durch die Fa. Katz-Biotech AG in das Zuchtprogramm aufgenommen, um eine gezielte Ausbringung im Freiland zu ermöglichen. Durch eine Kombination mit dem Kulturschutznetz werden Mikroklimabedingungen im Bestand erwartet, die einer Etablierung der Nützlinge entgegenkommen dürften. Zur Dokumentation erfolgt hier eine gezielte Erfassung der klimatischen Rahmenbedingungen unter dem Netz. Zur Erfolgskontrolle im Freiland werden im 14tägigen Rhythmus Proben entnommen, die bei der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft hinsichtlich Parasitierungsleistung untersucht werden. Um trotz der intensiven Boniturtätigkeit eine brauchbare Aussage zur Nützlingsetablierung zu erhalten (Austragen von Nützlingspotential, Einschleppungsgefahr von neuen Schädlingen), werden Doppelparzellen angelegt, in denen die gleichen Nützlingsstrategien verfolgt werden sollen. Begleitend dazu werden bei der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (Institut für biologischen Pflanzenschutz) kontrollierte Klimakammeruntersuchungen an E. tricolor durchgeführt. Durch Simulation der Mikroklimabedingungen unter dem Netz (auf Basis der Freilanderhebungen) sowie dem nachgestellten Tag-Nachtwechsel sollen Erkenntnisse zum Einfluss auf Vermehrung, Geschlechterverhältnis und Selbstparasitierung erzielt werden. Auch der Bereich host-feeding soll durch Erarbeitung eines Boniturschemas als zusätzlicher KMSL-Mortalitätsfaktor berücksichtigt werden. Diese bieten dann die Grundlage, Empfehlungen zu Dosierung und Ausbringungsverfahren abzuleiten, die dann wiederum im Feld übernommen werden. Auf vergleichbare Erhebungen bei C. arcuatus wird verzichtet, da hier bereits Literaturdaten vorliegen, die eine entsprechende Ableitung der Erkenntnisse zulassen. Als weiterer Aspekt ist der kombinierte Einsatz von Mulchfolien und Kulturschutznetzen vorgesehen. Dieser Aspekt hat den Hintergrund, dass im Rahmen der Kulturmaßnahmen (Unkrautbekämpfung) die Netzabdeckung entfernt werden muss, verbunden mit der Gefahr eines Schaderregerzufluges. Durch den Einsatz der abbaubaren Mulchfolie soll das Öffnen der mechanischen Barriere vermieden und damit die Gefahr des Zufluges neuer Schädlinge verhindert werden. Ergebnis: Ziel des Verbundvorhabens war die Erarbeitung einer kombinierten Regulierungsstrategie für die Kohlmottenschildlaus Aleyrodes proletella in Ökologischem Kohlgemüse, mit den zwei Ansatzpunkten Kulturschutznetz & natürlichen Gegenspielern. Das sofortige Abdecken von Rosenkohl mit feinmaschigem Kulturschutznetz (0,8 x 0,8mm) ab dem Verpflanzen bis Ende Oktober erzielte durchgängig 77% Befallssenkung in der Hauptbefallsphase im September. Aufdecken der Netze für mechanische Unkrautbekämpfung bildet ein kritisches Zeitfenster für Initialbefall. Verzicht auf Hacken durch Anwendung einer biologisch abbaubaren Mulchfolie brachte allerdings keinen zusätzlichen Regulationserfolg. Die unter Netz eingesetzte Schlupfwespe Encarsia tricolor und der Marienkäfer Clitostethus arcuatus wurden von der Katz Biotech AG bezogen. Stetige Qualitätskontrollen und der Erarbeitung von Kenndaten zum eingesetzten Zuchtstamm von E. tricolor ermöglichten erste erfolgreiche Anpassungen im Produktionsverfahren. Im Parzellenversuch stimmten verschiedene Dosierungsstufen von E. tricolor mit den Wiederfundraten im Feld und dem jeweiligen Parasitierungsgraden gut überein. Die anfänglich schwachen Parasitierungswerte 2007/08 ließen sich in 2009 auf bis zu 33% steigern. Letzteres Parasitierungsergebnis unter Netz war befallssenkend, mit 23% Mehrertrag (+23dt/ha) gegenüber der Vergleichsvariante. C. arcuatus erwies sich in 2007/2008 als Nutznießer hoher Schädlingsdichten mit unzureichendem Regulationspotential und wurde deshalb in 2009 nicht weiter eingesetzt. Auf Praxisflächen mit Punktfreilassungen von E. tricolor lag die Parasitierung 2008/09 um bis zu 50% höher als in der Referenz ohne Freilassung. In 2009 wurde durch zeitlich vorverlegte Erstfreilassungen eine deutliche Befallreduktion von knapp 60% erzielt. Bezüglich des Einsatzes von E. tricolor wurden wesentliche Meilensteine (Etablierungsfähigkeit, Regulierungseffekt, ertragswirksame Feldeffizienz) erfolgreich abgedeckt Es besteht aber weiterer Untersuchungsbedarf hinsichtlich des Optimierungsspielraums bei Freilassungstermin, -intervall und -menge.

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